Torschock, Russ. Kaiserreich 25.03.1865 - 15. März 1941 Wiesbaden
Alexej von Jawlensky, Meditation: Braun-Gold durchleuchtet
1935, Öl auf leinenstrukturiertem Papier, auf Karton aufgezogen
18,7 x 28 cm
Von den expressionistischen Anfängen bis zum Spätwerk beschäftigt sich Alexej von Jawlensky bevorzugt mit dem menschlichen Antlitz. Bereits siebzigjährig und seit Jahren an Arthritis erkrankt, beginnt er 1934 mit der letzten großen Serie der „Meditationen“. Dieser unverwechselbare Bildtypus gilt als Höhepunkt seines Œuvres, denn in diesen kleinformatigen und doch monumentalen Arbeiten erreicht die Abstraktion des anonymisierten Portraits ihre höchste Steigerung.
In dieser "Meditation" wird das jeder Individualität entbehrende Antlitz zum reinen Abbild. In seiner flächigen Reduzierung, seiner Symmetrie und Frontalität ist es zur Ikone stilisiert und deutet damit auf seine Wurzeln in der russischen Kunst hin. Die variierenden, jedoch stets vom gleichen Grundtypus ausgehenden „Meditationen“ wie diese sind Metaphern und Ausdruck von Jawlenskys Glaube und spirituellem Bewußtsein. Er sucht durch die Wiederholung einen meditativen Zustand zu erreichen, in dem sein körperlicher Schmerz und die ihn umgebende Welt durch Kontemplation, Versenkung und innere Reflexion zu verschwinden scheint.
Unsere „Meditation“ von 1935 ist in jeglicher Hinsicht besonders, gerade auch was die dunkle, zurückhaltende schwarz-braune Farbigkeit betrifft. Aus der Tiefe "blitzen" helle, gelb leuchtende Töne und Nuancen hervor und so erscheint das Bild dem Sohn Jawlenskys, der dem Titel folgenden Zusatz gibt, "Gold durchleuchtet" (siehe typographisches Etikett auf der alten Rahmenrückwand). Dort versieht Lisa Kümmel das Werk auch mit dem höchsten Gütelsiegel 'I A.P.', was bedeutet, daß es ursprünglich nicht für den Verkauf vorgesehen war. Und so bleibt es als wunderbares Vermächtnis des Künstlers bis 1993 im Besitz der Familie.