? 1585 - 1605 Heilbronn
Astronomisches Kompendium im originalen Lederfutteral
1597, Messing, graviert und feuervergoldet, Glas, Silber; Futteral: Leder geprägt, Messing graviert, feuervergoldet
7 x 8 cm
Schon an seinem geprägtem Lederfutteral mit feuervergoldetem und graviertem Messingverschluß zeigt sich die hohe Qualität und Wertschätzung des astronomischen Kompendiums, das sich durch seine ausgefallene Form, seine aufwendig gravierte Dekoration und seinen herausragenden Erhaltungszustand als Renaissance-Scientifica ersten Ranges auszeichnet. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren besonders astronomische Kompendia beliebt, die mehrere Instrumente der Zeitmessung und astronomischer Erfassung in sich vereinten. Das vorliegende Kompendium ist im Jahre 1597 entstanden. Das geht aus dem Kalender hervor, der auf der Außenseite ringförmig um die Monduhr graviert ist und die Jahre 1597 bis 1634 umfaßt. Die Mond-Volvelle ist in der Mitte des Kalenders befestigt: Sie besteht aus einer rotierenden Scheibe mit Zeiger, mit der die Mondphase, Sonnenauf- und -untergang bestimmt werden können. Zwei weitere Ringe um die bewegliche Scheibe dienen als Konkordanz zwischen dem julinianischen Kalender und dem gregorianischen Kalender, den Papst Gregor XIII. kurz zuvor, nämlich 1582, eingeführt hatte. Auf der Rückseite des Kompendiums ist eine Windrose mit 32 Spitzen gezeichnet und eine kleine runde Öffnung eingearbeitet, die Sicht auf die Nadel des darunterliegenden Kompasses gewährt. Klappt man das Kompendium auf kommt die Sonnenuhr zum Vorschein, auf der einen Seite befinden sich Kompaß und Zifferblatt, auf der anderen eine stereometrische Projektion mit Planetenzeichen.
Die Zuschreibung dieses ungewöhnlichen Scientifica an den Heilbronner Instrumentenhersteller Johann Anton Linden (tätig 1585-1605) basiert auf dem Vergleich mit einem stilistisch verwandten Kompendium im British Museum in London, das der Meister laut Inschrift 1596 für Christoph Leibfried (1566-1635), den Komponisten des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1616), anfertigte. Weitere signierte Werke von Johann Anton Lindau liegen mit einer Bechersonnenuhr von 1594 im Stadtmuseum in Lindau, mit einer astronomischen Wanduhr von 1604 im Landesmuseum in Zürich und mit einem Astrolabium im History of Science Museum in Oxford vor.