Brüssel 1672 - 1737 Wien
Reiterbildnis des jugendlichen Kaisers Joseph I. mit seinem Braunen in der Levade
ca. 1701 - 1705, Öl/ Leinwand, verg. Originalrahmen
92,5 x 72,5 cm
Joseph I. (1678 - 1711) war der älteste Sohn Leopolds I. aus der Ehe mit Eleonore Magdalene von der Pfalz. Er folgte seinem Vater 1687 als ungarischer, 1690 als römisch-deutscher König und 1705 als Kaiser sowie als König von Böhmen.
Als abenteuerlustiger, draufgängerischer und waghalsiger Mann zähmte er seine Pferde selbst und ging oft auf die Jagd. Ein zeitgenössischer Historiograph nannte ihn „in seiner Jugend ein Muster an Schönheit“. Im Gegensatz zu seinen Ahnen traten bei Kaiser Joseph I. weder Unterlippe noch Kinn (Habsburger Unterlippe) hervor. Er hatte rot-blondes Haar und blaue Augen.
Josephs gesamte Regierungszeit war ausgefüllt mit dem Spanischen Erbfolgekrieg, welcher 1701 nach dem Tod des letzten spanischen Habsburgers Karl II. zur Durchsetzung der Thronansprüche seines Bruders, des späteren Kaisers Karl VI, ausgetragen wurde.
Josephs Ziel war ein tatsächlicher Sieg über den erklärten Gegner Frankreich und dessen Herrscher Ludwig XIV..
Somit kann das abgebrochene Marmor-Medaillon mit dessen Portrait inmitten Palastruinen auf den gewünschten Niedergang seines größten Widersachers verweisen, war es doch eines der wichtigsten Ziele Josephs I, diesem seinen Platz als Europas glänzendstem Monarchen streitig zu machen.
Dies wird auch durch den von ihm mitgestalteten ersten Entwurf für Schloss Schönbrunn deutlich, mit dem er das Schloss Versailles übertreffen wollte.
Ohne Kriegserklärung starteten die Habsburger einen Feldzug in Italien, deren Inbegriff die Heilige Stadt Rom war und eines deren Wahrzeichen, der berühmte “Obelisco della Minerva“, welchen Hamilton zentral vor der Silhouette der Stadt Rom in seinem Gemälde platzierte. Das von Gian Lorenzo Bernini entworfene Monument zeigt einen aus Ägypten stammenden, antiken Obelisk, welcher von einem Elefanten getragen wird.
Eine Inschrift verkündet: “Wie der Elefant zeige, bedürfe es eines kräftigen Verstandes, um wahrhaft Weisheit zu tragen“, was als Huldigung an den jungen Nachfolger des Habsburger Reiches zu interpretieren ist.
Als äußerst interessantes Detail ist der den Obelisken bekrönende, habsburgische Doppeladler zu sehen, welchen der Künstler anstatt des originalen Kreuzes der Heiligen Katholischen Kirche hier platziert.
Es ist daher wahrscheinlich, dass unser Gemälde zwischen 1701, dem Jahr des begonnen Feldzugs der Habsburger in Italien und noch vor der Krönung Joseph I. zum Kaiser im Jahr 1705 entstanden ist.
Hamilton zeigt uns das Porträt eines jungen Mannes mit blauem, Goldbrokat bestickten Samtrock und rotem Schärpenband mit diamantenem Ritterorden des Hl.Georg, auf einem feurigen Pferd mit Prunksattel in einer edlen und eleganten Haltung, jedoch noch ohne die Krönungsinsignien, aber bereits dazu bestimmt, auf dem Thron eines der mächtigsten Reiche Europas zu sitzen.
Johann Georg de Hamilton wurde in Brüssel geboren, wo sein Vater, James Hamilton, und seine Familie deren Ruf als Stilllebenmaler begründete.
Nachdem Johann Georg an verschiedenen deutschen Höfen als Künstler begonnen hatte, kam er 1690 nach Wien und wurde 1712 zum Kaiserlichen Kammermaler ernannt.
Neben Aufträgen des Hofes wie das „Rössl-Zimmer“ in Schönbrunn, welches er gemeinsam mit seinem Bruder Philipp Ferdinand gestaltete, führte Johann Georg von Hamilton zahlreiche Arbeiten für die Fürstenhäuser Liechtenstein und Schwarzenberg aus.
Seine Spezialität waren Portraits edler Rösser in den Kaiserlichen und Fürstlichen Stallungen oft mit Herrschern und Mitgliedern des Wiener Hofes.