14 Mai 2024

Art Market Reports – Rückblick mit Aussicht

Weniger Art-Flipping, mehr Solidität

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstfreunde,

wer sich beim Flanieren über die HIGHLIGHTS für ein Gemälde von Max Pechstein oder Karin Kneffel begeistert, hat selten die Ökonomie der Kunstwelt im Sinn. Aufschlussreich sind die gerade erschienenen Art Market Reports der wichtigsten Branchen-Analysten dennoch. Sie sind das Barometer für die Szene. Laut Art-Basel-UBS-Report betrug 2023 der weltweite Umsatz aller Kunstverkäufe 64,4 Milliarden US-Dollar und hat sich damit um 4 Prozent abgekühlt. „Das ist eher eine Korrektur als ein Einbruch“, meint Sophie Neuendorf, Vizepräsidentin der Kunstpreis-Datenbank Artnet. „Die Anzahl hochkarätiger Single-Owner-Auktionen mit Werken im zweistelligen Millionenbereich war geringer und das schlägt sich in der Bilanz nieder“, sagt die Expertin. Allerdings: die Zahl der Transaktionen ist weiter gestiegen. Kunst bleibt also eine begehrte Ware.

Sophie Neuendorf auf dem HIGHLIGHTS-Stand von LUDORFF vor Gabriele Münters Dame mit blauem Hut, 1927, VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Frank Rollitz

Die größte Dynamik entwickelte die Kunst im Preissegment zwischen 100 000 und 500 000 Euro. Das stellte der Artnet Intelligence Report fest. Zu diesem Bereich gehörten übrigens auch viele Verkäufe der letzten HIGHLIGHTS. Wie etwa Ernst Wilhelm Nays Gemälde „Grüne Flucht“, Gabriele Münters „Dame mit blauem Hut“ oder Willi Baumeisters „Figuren auf Blau“ und das barocke Prunkstillleben von François Habert.

Ernst Wilhelm Nay, Grüne Flucht, 1951, auf dem HIGHLIGHTS-Stand von Beck & Eggeling International Fine Art, VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Jens Bruchhaus

Für Sophie Neuendorf kommt das nicht von ungefähr: „Es gibt gerade in der Nachkriegs- und Gegenwartskunst sehr viel frische Ware und Wiederentdeckungen, die dem Markt Impulse geben. Je historischer die Kategorie ist, desto mehr werden die Ergebnisse vom Angebot und nicht von der Nachfrage bestimmt. Die meisten der besten Alten Meister und Modernen Werke befinden sich in Museumssammlungen, aber starke Beispiele, die auftauchen, erzielen hohe Preise bzw. eine hohe Rendite. Und nicht zu vergessen ist die endlich gewachsene Wertschätzung der Kunst von Frauen.“ Angeführt von Yayoi Kusama, waren 2023 laut Artnet unter den hundert bestverkauften Künstlern elf Frauen. „Das ist eine vielversprechende Zahl“, so die Insiderin. Zurückhaltung registriert Artnet bei ultra contemporary Künstlern. Die Umsätze mit Werken der 1975 und später geborenen schrumpfte um 26 Prozent. Sophie Neuendorf: „Es wird weniger spekuliert. In Zeiten politischer und finanzieller Unsicherheit setzen Sammler eher auf etablierte Positionen und achten vermehrt auf die Qualität der Werke.“

Prunkstillleben aus dem 17. Jh. von François Habert auf dem HIGHLIGHTS-Stand von Kunsthandel Peter Mühlbauer, Foto: Kunsthandel Peter Mühlbauer

Als Finanzberater legt die Firma Deloitte in ihrem Art & Finance Report den Fokus auf Fragen des Wealth Managements. Weltweit ist laut Deloitte der Anteil von Kunst und Collectables in den Vermögensportfolios der Family Offices auf 14 Prozent gestiegen. „Das zeigt uns, dass Kunst als Vermögensspeicher immer noch sehr positiv gesehen wird und mit seinen Renditen überzeugt“, erläutert die Artnet-Managerin. Wobei sie rät: “Buy for passion but with an investment view.”

Die stärksten Handelsplätze für Kunst sind die USA und China. Um so erstaunlicher, dass Europa, wenn es um die Herkunft geht, in einem Punkt auf Platz zwei steht. Der Versicherungskonzern Hiscox, der seit kurzem Partner der HIGHLIGHTS ist, beziffert in seinem Market Report Artist Top 100 den Anteil der 2023 verkauften Werke, die nach 2000 entstanden und von europäischen Künstlern und Künstlerinnen stammen, auf 35 Prozent. US-amerikanische Künstler kommen auf 40 Prozent. Artnet hat noch eine weitere Zahl zum Thema Europa beizusteuern. Der Kontinent belegt mit einem Umsatz von 1,8 Milliarden US-Dollar im Bereich dekorative Kunst die Spitze.

Hätten Sie das gedacht bei Ihrem letzten Besuch der HIGHLIGHTS? Die nächste Ausgabe wird übrigens die 15. sein. Sie findet nach der festlichen Preview vom 17. bis 20. Oktober 2024 statt.

In diesem Sinne freuen wir uns auf ein Wiedersehen im Herbst in der Residenz München,
Ihr HIGHLIGHTS-TEAM

Experten-Tipp: Bankable Art

Herr Rautenberg, was versteht man unter „bankable art“?

Wortwörtlich heißt bankable, dass etwas bankfähig ist und in der Bank- und Finanzbranche einen respektierten Wert wie Geld, Aktien, Immobilien oder Gold besitzt. Im Kunstbereich sind damit Werke bzw. Künstler gemeint, die Wertstabilität verkörpern.

Dies gilt besonders für sogenannte „Blue Chip Art“ und hier wird auch die Analogie zum Finanzmarkt deutlich. Als Blue Chips gelten Aktien von Unternehmen, die sehr groß und bekannt sind und am höchsten bewertet werden. Der Kunstmarkt überträgt den Terminus auf Künstler, die einen hohen Bekanntheitsgrad genießen, in renommierten Museen und Galerien ausgestellt werden und auf Auktionen Rekordpreise erzielen. Folgerichtig schrieb die Presse, als das erste Werk von Warhol für einen dreistelligen Millionenbetrag in New York verkauft wurde: „Warhol, die härteste Währung am Kunstmarkt“.

Julian Rautenberg, Leiter Private Banking & Unternehmenskunden DONNER & REUSCHEL, Partner der Munich HIGHLIGHTS